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Gesund im Unternehmen

Mit Leidenschaft immer am Ball

Im Interview: Dr. Gerd Rauch
Dr. Gerd Rauch. Foto: HartungSeit mehr als 20 Jahren betreut der Kasseler Orthopäde Dr. Gerd Rauch als Mannschaftsarzt den Handball-Erstligisten MT Melsungen. Vitales Nordhessen hat ihn am Rande eines Bundesligaspiels in der Kasseler Rothenbachhalle getroffen und mit ihm gesprochen, welche Herausforderungen es im Spitzensport zu meistern gibt.

Herr Dr. Rauch, die Zeit mit der MT Melsungen ist sicher eine intensive Zeit. Was war der bewegendste Moment?
Rauch: Es gab viele. Neben schönen persönlichen Erlebnissen mit Spielern, Trainern und Vorstand sind natürlich die besonderen Erlebnisse der dreimaligen Final-Four-Teilnahme beim Pokal in Hamburg zu erwähnen, der Aufstieg von der 2. in die 1. Liga und der große Spaß in der letzten Saison, wo wir ja hervorragend abgeschnitten haben und die Großen, besonders den THW-Kiel, diesmal zu Hause schlagen konnten. Und es gibt viele schöne freundschaftliche Kontakte.

Handball ist enorm schnell geworden. Ist dadurch das Risiko größer, sich zu verletzen?
Rauch: Gerade durch Spielregeländerungen, aber auch durch intensives Training und Verbesserung der Athletik ist Handball wesentlich dynamischer und schneller geworden. Dieses birgt natürlich auch Risiken, sich zu verletzen. Sprunggelenksverletzungen und Knieverletzungen, häufig durch Foulspiel, treten neben Schultergelenks- und Fingergelenksverletzungen gehäuft auf.

Stellt Sie das vor besondere Herausforderungen?
Rauch: Um dieses Risiko zu minimieren, gibt es besondere Prophylaxeprogramme zur Verbesserung der Koordinations-, Stand- und Sprungfähigkeit der Spieler. Gleichzeitig wird die Rumpfmuskulatur besser trainiert, um dadurch eine bessere Koordination zu erhalten. Darum kümmert sich das Trainerteam regelmäßig. Zusätzlich gibt es ein Athletiktraining. Beides ist präventiv äußerst sinnvoll und führt zu einer Reduktion der Verletzungsrate, besonders von vorderen Kreuzbandverletzungen. Und es ist extrem wichtig, Sportverletzungen früh zu erkennen. Schon im Rahmen des Spiels sollte entschieden werden, ob der Spieler weiter spielen kann oder ob er sofort pausieren und behandelt werden muss.

Welches sind die häufigsten Verletzungen bei Handballprofis?
Rauch: Am Sprunggelenk mit Verletzungen des Außenbandapparates, an Fingern und Handgelenken, danach folgen Schulter- und Knieverletzungen. Daneben gibt es viele Überlastungsschäden, besonders an den Sehnen der Knie, Füße und Schultern. Schwere Verletzungen des Gehirns sind äußerst selten. Mannschaftskapitän Nenad Vuckoviv hatte mal eine traumatische Hirnblutung. Zum Glück war sie nur klein und ist absolut folgenlos ausgeheilt. Trotzdem hatten wir alle einen großen Schrecken bekommen.

Nicht nur der Sport hat sich verändert, sondern auch die Therapien.
Rauch: Im Hochleistungssport haben sich die Behandlungsmethoden erheblich verfeinert und verbessert. Zunächst steht eine zeitnahe Diagnostik an, nach klarer Diagnosestellung wird ein sofortiges Behandlungskonzept unter Einbeziehung der Physiotherapeuten und auch des Trainers eingeleitet. Es wird primär festgelegt, für welchen Zeitraum der Spieler voraussichtlich ausfällt, wann und unter welchen Bedingungen er wieder mit dem Training beginnen kann, und wann er wieder in den vollen Spielbetrieb zurückkehren sollte.

Gibt es spezielle Trainingsmethoden, das Verletzungsrisiko zu senken?
Rauch: Neben funktionellen Verbänden, Krankengymnastik und häufig auch Lymphdrainage erfolgt hier ein schnell beginnendes zeitnahes Muskeltraining. Unter Schonung des verletzten Körperteils wird der Rest des Körpers des Athleten trainiert, damit er sein hohes Leistungsniveau halten und schnell wieder integriert werden kann. Auch die Amateure profitieren von diesen Methoden. Sie werden ebenfalls zeitnah diagnostiziert. Das Behandlungsprogramm ist im Amateurbereich naturgemäß, auch aus Kostengründen, nicht in demselben extrem hohen Umfang möglich wie im Profibereich. Trotzdem profitieren Amateure sehr von der modernen Diagnostik und Therapie.

Warum haben Sie sich für die Orthopädie entschieden?Trainer Michael Roth und Handballnationalspieler Michael Allendorf vertrauen auf das Können des „Kniepapstes“. Foto: Hartung
Rauch: Bereits während meines Medizinstudiums habe ich parallel Sport studiert, und mich schon im Studium sehr für den sportmedizinischen Bereich interessiert. Bereits im sechsten Semester habe ich bei den sportmedizinischen Untersuchungen teilgenommen, unter anderem beim THW Kiel, und mich dafür entschieden, später als Orthopäde und Unfallchirurg tätig zu sein. Neben der Versorgung der Freizeit- und Amateursportler liegt natürlich ein besonderer Reiz darin, Spitzensportler zu betreuen.

Welches sind die häufigsten Symptome, mit denen Patienten zu Ihnen kommen?
Rauch: Die häufigsten Beschwerden, die unsere Patienten in die Praxis führen, sind zweifelsohne Beschwerden an den Knie- und Schultergelenken. Da wir eine Schwerpunktpraxis für Sportverletzungen sind, kommen jeden Tag eine Vielzahl von Sportlern. Und Rückenbeschwerden sind ein großes Problem unserer heutigen Gesellschaft und werden natürlich mit allen modernen Methoden behandelt.

Sie operieren auch arthroskopisch. Sind Leistungssportler dank der „kleinen“ Eingriffe schneller wieder im Training?
Rauch: Die Arthroskopie, Gelenkspiegelung oder auch Schlüssellochchirurgie, stellt eine der ganz großen revolutionären Neuerungen in den letzten 30 Jahren im Bereich der orthopädischen Chirurgie dar. Da die Gelenke über kleine Zugänge angeschaut und operativ behandelt werden, sind Hochleistungs- und Freizeitsportler wesentlich schneller wieder fit. Gerade Meniskuslappenrisse können sehr gut therapiert werden und die Patienten sind erheblich schneller belastbar und im Training.

Wie stark werden die Gelenke von Leistungssportlern auf Lebenszeit belastet?
Rauch: Es treten erhebliche Belastungen, besonders der Sprung-, Knie- und Schultergelenke auf. Als Beispiel darf ich die Wurfschulter beim Handballspieler nennen. Ein professioneller Handballspieler bringt es auf ca. 48 000 Wurfbewegungen pro Jahr. Neben dieser extremen Belastung kommt noch die weitere Schädigung durch den Gegenspieler hinzu, der die Würfe abblockt. Diese erhebliche Belastung führt zu repititiven Mikroverletzungen an Kapseln, Bändern und Knorpel. Solche Mikroverletzungen summieren sich in den Jahren und können natürlich zu einem erhöhten Verschleiß an den Gelenken führen. Dem gegenüber hat der Handballtorwart häufig durch Überstreckbelastungen im Ellenbogengelenk einen verfrühten Ellenbogengelenksverschleiß.

Viele Freizeitsportler laufen oder radeln. Wie können sie ihre Gelenke schonen?
Rauch: Für die Freizeitläufer gilt, dass sie, wenn sie beginnen, zum Orthopäden gehen, um Gelenke und Wirbelsäule zu überprüfen, und zum Hausarzt, um das Herz-Kreislaufsystem zu untersuchen. Laufsportler sollten optimales Schuhwerk und eventuell Einlagen tragen. Nach der Belastung sollten sie die Muskulatur dehnen. Und unbedingt auf ein optimales Körpergewicht achten, nach Möglichkeit auf weichem Untergrund wie Waldböden oder in Parks laufen. Nicht umsonst trainieren die Sprintstars viel auf Rasen und nicht nur auf der Tartanbahn.

Wie halten Sie sich eigentlich sportlich fit? Sie haben doch sicherlich die Chance, am Esprit „Ihrer Handballmannschaft“ zu partizipieren?
Rauch: Persönlich laufe ich regelmäßig und spiele Tennis, daneben klettere ich mit meiner Frau auf den einen oder anderen höheren Berg und gehe Segeln auf dem Katamaran.

Sie sind natürlich nicht der einzige im MT-Betreuerteam. Wer gehört noch dazu?
Bernd Sostmann als Arzt für Allgemeinmedizin, meine Frau Petra Rauch als Zahnärztin und Jennifer Bajerke von Rehamed. Wir haben eine super Zusammenarbeit. Das macht mir viel Freude.

Vielen Dank für das Gespräch.

(Foto: Hartung)

 

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